Auf einem Rundgang im Township Langa – ein Besuch, der in Erinnerung bleibt

Gemeinsam mit meinen Gästen stehe ich auf einer alten Landkarte Kapstadts. Genauer gesagt auf einer Landkarte vom Stadtteil District Six aus den 1960ern. Mitten während der Apartheid, welche die Trennung der Rassen zum Ziel hatte, lebten hier Menschen aus verschiedenen Kulturen, mit verschiedenen Hautfarben friedlich zusammen. Bis alle dunkelhäutigen Bewohner brutal in die heutigen Townshipgegenden umgesiedelt wurden.

Wir befinden uns im District Six-Museum, in dem man einen Eindruck davon gewinnen kann, wie die Menschen hier damals zusammengelebt haben und wie alle Menschen mit der “falschen” Hautfarbe mit Gewalt vertrieben und ihre Häuser dem Erdboden gleichgemacht wurden. Wir schauen uns die vielen Bilder aus dieser Zeit an und lesen ein paar Geschichten der Menschen, die hier gelebt haben.

Nun fahren wir noch durch den Stadtteil District Six und können hier noch viele alte Grundmauern von den Häusern sehen, die ab 1968 dem Erdboden gleichgemacht wurden. Heute sind die damals belebten Straßen und Grundstücke mit Gras überdeckt und stehen als Synonym für die abscheulichen Taten des damaligen Apartheid-Regimes.

Viele schwarze Bewohner des District Six wurden damals ins Township Langa umgesiedelt, das älteste Township Kapstadts. Und hier fahren wir jetzt hin. Schon nachdem wir den Highway in Langa verlassen haben sind meine Gäste überrascht. Denn schon der erste Eindruck entspricht nicht dem, was sie sich unter einem Township vorgestellt haben. Townships, so dachten sie, seinen nur pure Armut und Wellblechhütten. Und ja, auch die gibt es hier. Doch ebenso fahren wir an ganz normalen Häusern vorbei, mit einem Audi oder BMW vor der Tür. Unser erster Stopp in Langa ist das Community Center Guga Sthebe.

Wir werden direkt freundlich begrüßt und schauen auf zahlreiche Bilder, Gemälde, Teller und Tassen, Schmuck und viel Krimskrams. Denn hier arbeiten viele Künstler aus Langa, die hier ihre eigenen Kunstwerke kreieren und präsentieren können. So haben wir gleich ein Gesicht zu einem Mitbringsel aus Südafrika. Sicherlich kann man dies auch in Geschäften an der Waterfront oder auf einem Markt kaufen, doch hier im Guga Sthebe wissen wir gleich, wo es herkommt. Im Café gönnen wir uns nun noch einen Kaffee und einen Smoothie. Eine kleine Stärkung für unseren anstehenden Spaziergang durch die Nachbarschaft.

Vor dem Café treffen wir Odwa. Odwa ist ebenfalls ein Guide und lebt in Langa. Mit Odwa gehen wir nun durch die Nachbarschaft. Unser erster Stopp ist am Dompas Museum. Dieses Museum war zu Zeiten der Apartheid ein Gericht, die Dompas Offices. Hier mussten sich alle schwarzen Bewohner Kapstadts den sogenannten Dompas abholen, ein Pass, der nur an Schwarze ausgestellt wurde und in dem der Wohn- und Arbeitsort der Menschen angegeben war. Denn, wie uns Odwa erklärt, durfte man sich damals als Schwarzer nur in seinem Township oder an seinem Arbeitsplatz aufhalten. Wer woanders erwischt wurde, wurde meist verhaftet und in den Dompas Offices im Schnellverfahren angeklagt. Und wer damals seinen Dompas nicht am Mann hatte, der wurde ebanfalls verhaftet. Mit dem Dompas wurde die schwarze Bevölkerung gebrandmarkt, ähnlich wie die Juden zu Zeiten des Dritten Reiches mit dem Judenstern. Kein Wunder, denn das Dritte Reich war das große Vorbild des Apartheid-Regimes. Im heutigen Museum blicken wir auf viele Bilder von Protesten, die es gegen die damalige Diskriminierung im Township Langa gab. Ein geschichtsträchtiger Ort, der uns ein gutes Bild davon macht, wie es damals in einem Township aussah.

Nun gehen wir etwas durch die Nachbarschaft. Vorbei an Coffee Shops, kleinen Eckläden, Häusern und auch an den ersten Wellblechhütten gehen wir vorbei. In einigen dieser Wellblechhütten sind kleine Shops und auch sogenannte Shabeens, Township-Kneipen. Und hier kosten wir nun ein typisches Township-Bier, traditionell aus einem kleinen Eimer. Es ist ein sehr natürliches Bier mit deutlich weniger Alkohol als normale Biere. Und meinen Begleitern schmeckt es.

Während wir an den Häusern und Wellblechhüetten Langas vorbeigehen erzählt uns Odwa sehr viel über die Geschichte hinter den Häusern und Menschen, die hier leben. So bekommen wir einen guten Eindruck, wie sich das Township entwickelt hat. Wir kommen an den Wohnblocks vorbei, in denen früher die Arbeiter untergebracht wurden und noch heute viele Familien leben. Auch in einem Kindergarten hinter den Wohnblocks sagen wir kurz Hallo. Und nach diesem Besuch werden die Augen ganz groß. Denn wir spazieren durch Langas Stadtteil Breverly Hills. Hier in Beverly Hills stehen tatsächlich luxuriöse Häuser, mit mehreren Garagen und großen Gärten. Hier leben die erfolgreichen Geschäftsleute Langas. Viele bleiben auch mit viel Geld auf dem Bankkonto in Langa leben, da sie hier aufgewachsen sind und sich hier zu Hause fühlen. Und auch dieser Teil gehört zu einem Township dazu und macht dieses zu einem sehr abwechslungsreichen und bunten Ort.

Am Ende der Tour kommen wir noch an einem kleinen Waisenhaus vorbei. Zwei meiner Gäste haben für die Kinder sogar ein paar Sachspenden mitgebracht – ein paar Klamotten und einige weitere Alltagsgegenstände. Wir schließen unseren Rundgang am Guga Sthebe ab und bedanken uns bei Odwa für den interessanten Einblick in das Leben Langas. Es war sicherlich ein Besuch, der in Erinnerung bleiben wird.

District Six & Langa 

District Six wurde 1867 als Stadtteil Kapstadts gegründet. Hier siedelten sich viele Menschen an, die vor Abschaffung der Sklaverei im Jahr 1833 in der Kolonie als Sklaven arbeiten mussten. Nach dem zweiten Weltkrieg, während der Apartheid, lebten hier Menschen aus verschiedenen Kulturen – Schwarze (Blacks), Farbige (Coloureds) und auch Weisse (Whites). Im Jahr 1966 wurde der Stadtteil als “whites only”-Ort bestimmt, so dass nur noch weiße Bewohner hier leben durften. Ab 1968 wurden alle nicht-weißen Menschen in Townships zwangsumgesiedelt. Schwarze Bewohner wurden in Black Townships und Farbige in Coloured Townships umgesiedelt. Bis 1982 wurde so 60.000 Menschen aus District Six vertrieben. District Six gilt heute als Synonym für die Gräueltaten während der Apartheid, die erst 1990 für beendet erklärt wurde und 1994 mit der Wahl Nelson Mandelas zum Präsidenten Südafrikas offiziell vorbei war.

Langa ist das älteste Township Kapstadts und bedeutet übersetzt “Sonne”. Gegründet wurde Langa 1927 nachdem die sogenannten Urban Pass Laws eingeführt wurden, die besagten, dass dunkelhäutige Südafrikaner in für sie vorgesehene Townships leben müssen. Langa war eines der ersten Townships, in welches während der Apartheid schwarze Bewohner Kapstadts zwangsumgesiedelt wurden. Heute leben in Langa knapp 52.000 Menschen.

Tipps & Tricks 

Viele Südafrika-Besucher haben Bedenken, als Touristen in ein Township zu gehen. Und das ist auch völlig verständlich. Denn viele haben Angst, dass es so wirken würde, als würden sich Touristen die Armut Südafrikas ansehen. Deshalb kommt es immer darauf an, wie so ein Besuch abläuft. Wer einfach nur in ein Township fährt, anhält und ein paar Fotos macht, der macht so ziemlich alles falsch, was man falsch machen kann.

Doch wenn man diesen Besuch gemeinsam mit den Menschen vor Ort organisiert und alles miteinander abgesprochen ist, dann hat jeder etwas davon. Denn ein Teil der Toureinnahmen geht natürlich an die Menschen, die im Township besucht werden.

Es ist ganz klar kein Sightseeing, wenn man ein Township besucht. Es ist einfach ein Besuch bei den Menschen – beim Künstler im Community Center, beim Besitzer des Coffee Shops oder bei einem Township-Bier in der Shabeen. Jeder muss für sich selbst entscheiden ob dies für ihn interessant ist. Doch so ein Besuch im Township kann den eigenen Horizont erweitern und man lernt das Land und seine Menschen noch besser kennen.

Adressen & Kontakte 

District Six Museum 
25A Buitenkant St 
Zonnebloem 
Cape Town, 8000 
Tel: 021 466 7200 
E-Mail: reception@districtsix.co.za 
Website: https://www.districtsix.co.za/ 

Guga Sthebe 
King Langalibalele Avenue 
Langa 
Cape Town, 7455 
Tel: 021 695 3493 
E-Mail: xoliswa.morara@capetown.gov.za 
Website: https://www.capetown.gov.za/Family%20and%20home/See-all-city-facilities/Our-recreational-facilities/Cultural%20venues/Guga-Sthebe-Cultural-Centre 

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